Die evangelischen Siebenbürger Sachsen

November 2021

Die Siebenbürger Sachsen

Von der Evangelischen Kirche A.B. in den siebenbürgischen Landesteilen Ungarns zu der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien


 

Geschichte bis 1918 Es handelt sich um die historische Kirche der Siebenbürger Sachsen, einer Ethnie die sich aus den Nachfahren westlicher Siedler gebildet hat, die der ungarische König Geisa/Géza II. (12. Jh.) in den östlichen Teil seines Reiches gerufen hat. Hier lebten sie mit verbrieften Rechten und Pflichten. Die Sachsen siedelten an der Südgrenze Siebenbürgens, zwischen Broos (Orăștie) und Draas (Drăușeni), sowie im nordöstlichen Bezirk Bistritz-Nösen und wurden im Mittelalter zu einer der drei staatstragenden Standesnationen Siebenbürgens. Zur lutherischen Reformation traten sie 1550 über und wählten eigene Superintendenten, die für die freien sächsischen Gemeinden und Städte, aber auch für die untertänigen Gemeinden auf Adelsboden zuständig waren. Nach einer wechselvollen Zeit der Türkenhoheit wurden die Siebenbürger Sachsen (1691) Bürger der Habsburgermonarchie, daraufhin (1861) des transleithanischen Teils der Doppelmonarchie. Damit wurden sie zur Minderheit im ungarischen Staat. Ihre Anzahl betrug am Vorabend des 1. Weltkriegs ca. 200.000. Wie alle anderen Mitbürger betraf sie der Krieg direkt, wobei die Wehrpflichtigen an unterschiedlichen Fronten kämpften und ihre Siedlungsgebiete Kriegsschauplatz waren.

Geschichte nach 1918 1919 stimmten die Volkvertreter der Siebenbürger Sachsen für den Anschluss an Rumänien, auf internationale und rumänische Zusagen vertrauend. Diese wurden nicht voll umgesetzt, vielmehr das Gemeinschaftsvermögen durch eine Agrarreform enteignet. Das brachte die Kirche in eine sehr schwierige wirtschaftliche Lage, da es auch die Schulen zu erhalten galt. 1921 traten alle evangelische-deutschen Gemeinden Großrumäniens in die EKR ein, dafür traten ungarische Gemeinden aus. Die Kirche erreichte 400.000 Mitglieder. Viele Gemeindeglieder wandten sich danach dem Nationalsozialismus zu, in der Hoffnung, ihre Position innerhalb des multiethnischen Siebenbürgens zu stärken. In dieser Überzeugung zog eine ganze Generation in den Krieg. Die Bessarabien-, Bukowina- und Dobrudschadeutsche wurden 1940 im Rahmen der Aktion „Heim ins Reich“ umgesiedelt. Nach dem Frontwechsel Rumäniens wurde die Gemeinschaft durch Maßnahmen wie Deportation und Enteignung kollektivbestraft aber nicht vertrieben. In der Zeit der kommunistischen Diktatur konnten die Kirchengemeinden ihr geistliches Leben – sogar in deutscher Sprache – bewahren, alle sozialen, pädagogischen und diakonischen Institutionen wurden jedoch enteignet und ihre öffentliche Tätigkeit untersagt. Durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz Deutschlands wurden auch die Deutschen Rumäniens als Vertriebene anerkannt. Aufgrund dieser Rechtslage wanderten viele Familien aus, da die wirtschaftliche und politische Lage im Land immer schwieriger wurde. Nach der Wende 1989 wurde dieser Trend durch die offenen Grenzen verstärkt, viele Gemeinden lösten sich auf.

Gegenwart Als eine kleine Diasporakirche mit ca. 12.000 Mitgliedern nimmt die EKR ihre Stellung im ökumenischen Spektrum Rumäniens wahr. Sie ist auf dem Weg der Inkulturation in die rumänische Gesellschaft, da die kleinen Gemeinden kein selbstständiges Leben mehr entwickeln können und wollen. Von einer Kirche mit Basis in der dörflichen Kultur ist sie eine städtische Kirche geworden. Sie hat ihre Schwerpunkte in der Verkündigung und Seelsorge, der Diakonie und der Kultur, wobei bei letzterer besonders die Sorge um die Kirchenburgen im Vordergrund steht. Das Zusammenwachsen Europas nimmt die EKR als eine Chance wahr, die ausgesiedelte Mehrheit der Siebenbürger Sachsen in eine neue Form der Gemeinschaft einzubinden. In Rumänien ist sie anerkannt und hat in manchem eine Vorreiterrolle, wie Hospizarbeit, Kirchenmusik, Flüchtlingsarbeit oder Weltgebetstag

 

Konfirmation in Mediasch

Foto: Evangelische Kirchengemeinde Mediasch

Hermann Rehner

* 1903 Halwelagen (Holdvilág) ungarisches Siebenbürgen

+ 1998 Hermannstadt (Sibiu), rumänisches Siebenbürgen

 

Hermann Rehner war Pfarrer und Lehrer in Siebenbür-gen. Er erlebte die Umbrüche des 20. Jahrhunderts als geschichts- und traditionsbewusster Siebenbürger Sachse und hinterließ ein schriftliches Lebenswerk sowie eine stattliche Anzahl von Nachkommen


Hermann Rehner entstammt einer nordsiebenbürgischen Pfarrer- und Bauernfamilie. Die Kindheit verbringt er im sächsischen Mühlbach, wo sein Vater Lehrer und Prediger ist. Er erinnert sich zeitlebens an die glänzenden Feierlichkeiten zum Geburtstag des österreichischen Kaisers Franz Joseph. Im ersten Weltkrieg muss ein Teil seiner Familie 1916 vor den herannahenden rumänischen Truppen fliehen, kann aber bald zurückkehren und das alltägliche Leben weiterführen. Das Gymnasium besucht er in Bistritz, in Frontnähe, dann in Schäßburg, wo es erste Auseinandersetzungen gibt, weil die rumänische Politik versprochene Minderheitenrechte nicht einhält. Zum Studium der Theologie, Literatur und Pädagogik geht er nach Deutschland. Hier erlebt er das Aufkommen von Adolf Hitler. Er schließt in Klausenburg ab und lernt erstmalig rumänisch. Auch beobachtet er Ausschreitungen der Legionäre gegenüber den Juden. 1926 heiratet er die aus Böhmen stammende Herma Schöppel. In Heltau wird er Rektor und schreibt die Ortschronik. Hier erlebt er das Milieu der sächsischen Industriellen. 1933 folgt der Wechsel in das Pfarramt von Wolkendorf, einer gespaltenen Gemeinde. Er selbst ist national, ohne national-sozialistisch zu werden. Inzwischen ist er vierfacher Vater. 1939 wird er zum Direktor des landeskirchlichen Seminars in Hermannstadt berufen. Da gibt er die Ideen des Wandervogels und der Arbeitseinsätze weiter. Er vertritt die Volksdeutschen in Schulsachen in Berlin. Nach dem Frontwechsel Rumäniens wird er deportiert und kommt an die Hochöfen von Enakiewo in der Ukraine. Er lernt Kälte, Hunger und Tod kennen, kann aber mit einem Krankentransport zurückkommen. Im Familienhaus leben nun Anverwandte und Einquartierte dicht beisammen. Die Familie überlebt von Verkäufen und Privatstunden. 1948 geht er nach Leschkirch, wo er – wegen Besetzung des Pfarrhauses – in der Kirche wohnt. Hier schreibt er seine Doktorarbeit und lernt den „praktischen Kommunismus“ kennen. Bischof Müller beruft ihn 1950 an das neue Protestantische Theologische Institut nach Klausenburg, wo er Geschichte der Siebenbürger Sachsen vorträgt. 1955 wechselt die evangelische Fakultät nach Hermannstadt. Wegen Denunziation wird er abgesetzt und zieht sich als Pfarrer in das abgelegene Dorf Hundertbücheln zurück. Er wird zum Dechant in Agnetheln gewählt, der Bezirk wird jedoch aufgelöst. Deswegen fühlt er sich als Verlierer und kehrt als Rentner zurück in das Familienhaus nach Hermannstadt. Die zunehmende Auswanderung macht ihn betroffen. Er widmet sich der Geschichtsphilosophie und schreibt zwei Werke, die aber nie Verleger finden. Seine Freude bleiben die Wanderungen im Zibiensgebirge. Jetzt darf er seine Studienstadt Jena wiedersehen und ins westliche Ausland fahren. Die Wende verfolgt er mit Anteilnahme aber auch Enttäuschung. Seine Frau Herma verstirbt und alle seine Enkel leben inzwischen in Deutschland und Österreich verstreut. Die Kräfte nehmen ab.  

 

   

 

 

 

 

Foto: Familienarchiv Rehner

Das Programm

Festakt zur Landeskirchenversammlung


noch nicht festgelegt

 

Foto: Stefan Bichler


Die Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa durchgeführt.



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